Ungeweinte Tränen
„Mama, wieso weinst du denn so?“
„Ach, weißt du, Käddi ist gestorben. Deshalb weine ich.“
„Aber du kanntest die doch gar nicht gut.“
„Ja, da hast du recht. Vielleicht weine ich auch nur Tränen, die schon lange geweint werden wollten, und wenn jemand stirbt, brauche ich mich dafür wenigstens nicht zu rechtfertigen.“
„Tante Lisa hat zu mir gesagt, dass man immer weinen darf. Weinen macht Platz für Neues. Sie meinte, wenn die Tränen rausdürfen, dann könnte an diese Stelle etwas anderes. Vielleicht Freude oder Glück oder so. Und deshalb weine ich immer, wenn mir nach Weinen ist.“
„Das darfst du auch.“
„Mach das doch genauso. Du musst nicht stark sein, wenn du eigentlich schwach bist!“
Von Kerstin Werner aus ihrem Buch: Mach dein Leben bunt
Diese Geschichte ist vor allem für alle, die mit mir in den letzten Wochen über ihre „geweinten oder ungeweinten Tränen“ gesprochen haben:
Manchmal fühlt es sich so an, als müsste man richtig mutig sein, um auch mal schwach sein zu dürfen.
Es ist ok und kann sogar richtig gut tun, wenn wir Tränen der Trauer, der Sorge, der Enttäuschung oder der Angst herauslassen, sie zulassen. Auch das gehört zu unserem Leben dazu, oder …
… und ich wünsche uns allen, dass es dann auch Platz für Neues, Schönes gibt – oder zumindest auch für viele Tränen der Freude 😊
Eure Patrizia